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RÜCKBLICK: BODENSEE-EXKURSION

Wir waren in der Bodenseeregion auf Entdeckungsreise vom 3. bis 6. Oktober 2024

Voller Vorfreude und Erwartungen sind wir mit unserem bewährten Reiseleiter/Fahrer Dirk Schlosser der Firma Tour & Reise gestartet. Anlass unserer diesjährigen Reise war die Ausstellung zu 1300 Jahre Welterbe „Klosterinsel Reichenau“ in Konstanz.

Aber der Wettergott war uns zunächst nicht wohl gesonnen. Regen, Wind und kalte 10 Grad Celsius laden nicht zur Entdeckungsreise ein, aber unser erstes Ziel war die Heuneburg! Wir waren voller Erwartung. Tina stimmte uns mit Wort und Witz auf die kommenden Tage ein. Im warmen Mercedes Minibus nahmen wir die knapp 500 km bis zu unserem ersten Ziel in Angriff.

Im Heuneburgmuseum in Herbertingen wurde ein erster Eindruck vermittelt. Die ausgestellten Fundstücke erzählen anschaulich vom Leben der Menschen, ihrem Handwerk und ihren weit verzweigten Handelsbeziehungen von der Ostseeküste, über Südengland bis in den Mittelmeerraum. Schon Herodot, der „Vater der Geschichtsschreibung“, erwähnte im 5. Jahrhundert v. Chr. die Stadt Pyrene am Ursprung der Donau. Die Heuneburg? Das wird so angenommen.

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Hoch über der Donau gelegen suchten sich die Kelten der ausgehenden Hallstatt-Periode einen strategisch günstigen Platz zum Siedeln. Heute ist dieser Platz als Heuneburg bekannt.  Auf dem Plateau sind mit viel Liebe zum Detail ein Teil der umfassenden Wehranlage und auch einige Häuser wiedererrichtet und im Fall der Häuser auch eingerichtet worden. Für die ehemals dichte Bebauung im Innern der Mauer mit Wohnhäusern, Werkstätten und Stallungen braucht man heute viel Fantasie. Für uns kein Problem! Und da wir keine Führung hatten, hat uns unsere Tina kompetent und geduldig geführt und erklärt.

Am späten Nachmittag haben wir dann unser Quartier in Singen am Fuße des Hohen Twiel bezogen und uns zum ersten Mal zum gemeinsamen Abendessen in ein nahe gelegenes Restaurant begeben. Wir hatten sehr viel Spaß (die Nachbarn ringsum sicherlich auch)! Diesen entspannenden Abschluss intensiver, mit Eindrücken randvoll gepackter Tage haben wir dann für die nächsten Abende beibehalten.

Am nächsten Morgen, Freitag 4. Oktober 2024, sind wir nach Konstanz gefahren. Unser Ziel war die Große Landesausstellung „Welterbe des Mittelalters – 1300 Jahr Klosterinsel Reichenau.“ Die Exponate waren einzigartig, besonders die bibliophilen Schätze aus dem Reichenauer Skriptorium. Sie reichten von Gebrauchsbüchern bis hin zu prachtvoll illustrierten Bibeln und Psaltern und sind Teil des Weltdokumentenerbes.

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Unser Führer war zum Schluss ganz heiser und meinte, er habe noch nie eine Führung derart überzogen! Das spricht sowohl für die Exponate, als auch für die Qualität seiner Führung. Aber wir wissen nun, wie Schlangen und Gewürm von der Insel Reichenau verschwanden. Als Wanderbischof Pirmin Anno 724 auf die Insel kam, um ein Kloster zu gründen, sind sie alle freiwillig „ausgewandert“. Danach hatten wir noch individuelle Zeit, die Ausstellungen zu erkunden.

Nach einer kurzen Freizeit und der Möglichkeit, einen Mittagsimbiss einzunehmen, sind wir weitergefahren zur Klosterinsel Reichenau. Im Münster St. Maria und Markus erwartete uns wieder eine kompetente Führung und eine Überraschung. Obwohl das Kloster als solches nicht mehr existiert, ist das Münster dennoch kein Museum. Der Raum vor dem Altar wurde gerade für das Erntedankfest geschmückt. Und da die Reichenau eine Gemüseinsel ist, passend mit Gemüse. Und auch die wunderbaren blattgoldgeschmückten Reliquienschreine stehen nicht nur in der Schatzkammer, sondern werden bei religiösen Prozessionen über die Insel getragen.

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Die Pro-Pace-Glocke des Münsters (die für den Frieden läutet) beeindruckt sehr. Sie stammt aus dem Jahr 1361, wiegt 1000 kg und hat einen Durchmesser von 115 cm. Die Videoinstallation von Christoph Brech zeigt die Pro-Pace-Glocke aus ungewohnter Perspektive; nicht nur die Glocke selbst schwingt, sondern auch die aufnehmende Kamera. Für den Betrachter entsteht ein filmisches Bild, in dem sich Licht und Schatten, Klang und Stille, Bewegung und Ruhe zu einem vielschichtigen Glockenspiel vereinen. Scheinbar steht die Glocke still, und das umgebende Balkenwerk bewegt sich!

Auch die alte Tradition der Mönche, Wein anzubauen, lebt wieder. Der Winzerverein Reichenau bietet in der Vinothek seine süffigen Tröpfchen an. Und im Bus muss man die Flaschen ja nicht tragen! So wurden einige Flaschen der guten Tröpfchen im Gepäck verstaut.

Den dritten Reisetag, es war der Samstag, haben wir mit einer Stadtführung in Konstanz begonnen. Der „Bader Veit“ aus dem 15. Jahrhundert konnte schon sehr anschaulich anhand verschiedener Stationen über „seine“ Stadt berichten.

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Lehrreiches, Witziges und auch Kuriosen wie ...

… die Geschichte der Wendelgard von Halten

Das Leben hatte es mit Wendelgard nicht gut gemeint. Zwar war sie die Alleinerbin eines großen Weinberges in Meersburg, trotzdem war sie allein und bekannt unter dem Namen „die häßliche Wendelgard“. Und diesen Beinamen trug sie aufgrund ihrer körperlichen Gebrechen wohl zurecht.  Als sie 50 Jahre alt war, zu ihrer Zeit in durchaus gesegnetes Alter, wollte sie ihr Erbe regeln und beschloß, dass der Weinberg nach ihrem Ableben der Stadt Meersburg zu eigen sein sollte. Sie ging also zu den Stadtvätern, knüpfte das Erbe jedoch an die Bedingung, dass jede Woche reihum ein anderer Ratsherr sie besuchen solle. Die Ratsherren lehnten diese Bedingung entrüstet ab. So ging Wendelgard mit ihrem Vorschlag zu den Ratsherren von Konstanz. Diese überlegten, dass die Wendelgard ja schon im fortgeschrittenen Alter ist und dieses Arrangement nicht allzu lange andauern könne. Sie nahmen es an, stellten jedoch die Bedingung, dass für den jeweiligen Ratsherrn ausreichen Wein zur Verfügung stehen müsse. Kein Problem meinte Wendelgard, Wein habe sie ja genug. Und so geschah es, dass jede Woche ein sehr angeheiterter Ratsherr von Meersburg nach Konstanz zurückkam. Diese Pflicht der wöchentlichen Besuche traf aber nicht nur die Ratsherren, die den Vertrag ursprünglich ausgehandelt hatten, sondern noch ihre Nachfolger. Wendelgard von Halten wurde unglaubliche 91 Jahre alt!

Und diese Geschichte ist nicht frei erfunden, sondern hat sich so zugetragen. Und so ernten die Winzer von Konstanz auf dem Rebgut Haltnau in Meersburg bis zum heutigen Tag jährlich ihre Reben – zum immerwährenden Ärger der Meersburger.

Anschließend ging es mit der Fähre von Konstanz nach Meersburg und von dort per Bus nach Unteruhldingen. Das Weltkulturerbe ist das älteste archäologische Freiluftmuseum Deutschlands.

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Eine ganze Siedlung mit Häusern aus unterschiedlichen Zeitepochen steht auf Pfählen mitten im See. Ob das in den jeweiligen Siedlungszeiten auch so war, darf zumindest angezweifelt werden. Der Wasserspiegel des Sees war in den Jahrtausenden großen Schwankungen unterworfen. Aber die Häuser selbst sind ausgestattet mit den Rekonstruktionen von Gebrauchsgegenständen und Werkstätten. In einzelnen Gebäuden können Mitarbeitern des Museums auch Fragen gestellt werden. Dazu hatten wir 90 Minuten individuell Gelegenheit. Im Anschluss war noch Zeit zum Erkunden des modernen Besucherzentrums vorhanden.

Und alle, die an diesem Tag noch nicht genug Wissen aufgenommen hatten, oder die einfach nach 10.000 Jahren Geschichte etwas Moderne suchten, konnten noch einen Besuch auf der Blumeninsel Mainau anschließen.

Und schon waren wir am Sonntag, dem 6. Oktober 2024 und damit dem letzten Tag unserer Kurzreise angekommen, und uns standen rund 600 km Rückreise von Singen nach Chemnitz bevor. Aber wir hatten noch eine Unterbrechung eingeplant, sozusagen einen Joker – das Federseemuseum in Bad Buchau.

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Auch hier starteten wir wieder mit einer Führung. Das im Vergleich zu den Bisherigen kleine Museum war dennoch strukturiert und informativ. Und dann gab es noch das Außengelände! Die kleine kreisförmig angeordnete Siedlung beinhaltet Häusergruppen aus 4000 Jahren Besiedlungsgeschichte (und noch etwas länger, nur dass es aus den Jahrtausenden davor keine Bebauungsreste gibt). In den Feuchtbodensiedlungen, die sich einst rund um den See erstreckten, haben sich viele Funde aufgrund des durch Verlandung des Sees entstandenen Torfs außerordentlich gut erhalten. Und wieder hatten wir ausreichend Zeit dieses faszinierende Gelände auf eigene Faust zu erkunden.

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Mit einer minimalen staubedingten Verzögerung von 30 Minuten sind wir zwar erschöpft von der langen Fahrt, aber randvoll mit neuen Eindrücken und neuem Wissen in Chemnitz angekommen.

Vielen lieben Dank an Dirk Schlosser, der uns nicht nur sicher und unfallfrei gefahren, sondern auch den Löwenanteil der Organisation gestemmt hat. Genauso lieben Dank an Tina Michel, die immer dann mit ihrem Fachwissen eingesprungen ist, wenn dieses an anderer Stelle nicht in ausreichendem Maße vorhanden war. Und wir wollten immer noch etwas mehr wissen...

Text: Inez Pick